Einsatzmöglichkeiten
Als Unterrichtsmethode eignet sich die Talkshow, um in konfliktträchtigen Bereichen unterschiedliche Positionen und deren Begründungen herauszuarbeiten. Dabei weist das Format eine geringe Einstiegshürde auf, da TV-Talkshows sicherlich vielen Schüler:innen bekannt sind.
Ablauf
Benötigtes Material
- Raum, der entsprechend umgebaut werden kann
- Material zur Rollenrecherche
- Informationen für Moderation
- Beobachtungsbogen für Publikum
Vorbereitung
Um die Schüler:innen vorab auf das Format einer Talkshow einzustimmen, kann gemeinsam eine Sequenz aus einer aktuellen oder vergangenen Talkshow angesehen werden. Dabei können bereits erste Argumentations- und Moderationsstrategien beobachtet und diskutiert werden. Auch das Diskussionsthema wird vorab erarbeitet.
In Absprache mit der Klasse legt die Lehrperson zuvor verschiedene Rollen fest; dazu wird im Rahmen einer Recherchephase Vorbereitungsmaterial (Zeitungsbeiträge, Leserbriefe, Informationen) gesammelt. Mit Hilfe dieser Materialien können die Schüler:innen die Positionierung entsprechend ihrer Rolle erarbeiten. Zusätzlich bekommen sie kurze Beschreibungen ihrer Aufgaben in der jeweiligen Rolle.
- Die Schüler:innen bereiten sich nach der inhaltlichen Beschäftigung auf ihre Positionierung und Argumentation vor. Auch wenn die einzelnen Rollen sich meist zivilgesellschaftlichen Organisationen, Parteien oder Berufsgruppen zuordnen lassen, kommt es in der Talkshow auf die individuelle inhaltliche Position und Argumentationsfähigkeit des Gastes an. Die Ausgestaltung der Rolle obliegt damit den Schüler:innen. Notwendigerweise geht damit eine Pointierung oder Zuspitzung der eigenen Position einher (vgl. Massing. 2020, S. 212-219).
- Der/die Moderator:in eröffnet die Runde (siehe AB: Ablauf Talkshow) und bittet um die Eingangsstatements. Anschließend wird zur Diskussion übergegangen. Nach der gemeinsamen Diskussion fordert der/die Moderator:in zu einem abschließenden Statement auf. Dabei ist es nicht zwingend notwendig, in dieser abschließenden Phase eine Lösung oder einen Kompromiss zu finden. Vielmehr sollen hier die Kontroversen noch einmal umrissen werden. Das kann auch der/die Moderator:in in seinem/ihrem Abschlussstatement noch einmal verdeutlichen.
- Zwischen der eigentlichen Talkshow und der Auswertung sollte durch eine kurze Pause ein wenig Abstand gewonnen werden, denn mit der Methode der Talkshow geht häufig eine starke Emotionalisierung während der Durchführung einher. Sie setzt Emotionen frei, die Spieler:innen und Publikum ergreifen (vgl. ebd., S. 214). Umso entscheidender ist die anschließende Nachbesprechung, in der nicht nur die inhaltlichen Positionierungen besprochen, sondern auch Gefühle und Emotionen thematisiert werden. Die folgenden Leitfragen helfen bei der Auswertung:
Auswertung zur Durchführung der Talkshow:- War die Zeit für die Talkshow ausreichend bemessen?
- Waren die Rollen klar verteilt und wurden die jeweiligen Aufgaben und Positionen der Rollen deutlich?
- Was ließe sich in der Durchführung selbst verbessern?
Inhaltliche Auswertung der Talkshow:- Sind alle Teilnehmer:innen der Talkshow zu Wort gekommen?
- Haben alle Teilnehmer:innen ihre Position deutlich und für alle verständlich artikulieren können?
- Wurde in einem sprachlich angemessenen Ton diskutiert und argumentiert?
- Wie sind die Talkshow-Teilnehmer:innen miteinander umgegangen?
- Was ließe sich inhaltlich noch verbessern?
Adressierung emotionaler Komponenten:- Gab es Momente, in denen du emotional ergriffen warst?
- Welche Momente empfandest du als angenehm bzw. unangenehm in der speziellen Rolle bzw. eventuell auch in einer konkreten Situation?
- Hast du dich in deiner Rolle und in der Talkshow wohlgefühlt?
Hinweise
Anders als im freien Rollenspiel wird im gebundenen Rollenspiel das Agieren der Schüler:innen durch Rollenkarten bestimmt. Dadurch entstehen Varianten der Rollendiskussion. Das bedeutet ganz konkret: In einer Talkshow findet eine andere Rahmung statt, als dies im Expert:innengespräch oder in einer gespielten Gerichtsverhandlung der Fall ist. In all diesen Formen des gebundenen Rollenspiels sind die Schüler:innen aufgefordert, entsprechend ihrer Rolle zu handeln, die Rollenkarte vorab zu verinnerlichen und sich ggf. damit zu identifizieren. Anregungen hierfür finden sich jeweils als separate Methodenmuster in der BNE-Box.
Differenzierungsmöglichkeiten
- In dieser Form des Rollenspiels ist eine Differenzierung bezüglich der Schwierigkeitsstufen der zugeteilten Rollen von Vorteil; es sollten einfachere Rollen mit weniger Redeanteil angeboten werden, etwa Zuschauer, die Fragen stellen oder eine kurze persönliche Geschichte erzählen, und komplexere Rollen, die stärkere Schüler:innen übernehmen können, die sich fachspezifisch argumentativ äußern oder eine Expert:innenrolle einnehmen können. Diese Aufteilung unterstützt sowohl Teilnehmende, die weniger sprachkompetent sind, und stellt sicher, dass sich alle mit ihrer Rolle wohlfühlen und der jeweiligen Verantwortung im Spiel gewachsen sind.
- Es können zur Leistungsdifferenzierung Materialien unterschiedlicher Komplexität zur Vorbereitung angeboten werden, die eine variable Intensität der Einarbeitung ins Thema erlauben. Auch die Beobachtungsbögen können einen differenzierenden Grad an Vorstrukturierung durch Fragen oder Piktogramme aufweisen, der Schüler:innen in ihrem individuellen Leistungsstand unterstützt.
- Um das logische Argumentieren, teils auch einer Gegenposition zur eigenen Meinung, schrittweise einzuüben, bieten sich explizite Vorübungen an, in denen die Teilnehmenden lernen, Argumente aufzubauen, den Austausch nachzuvollziehen und so auch komplexeren Schlagabtäuschen folgen zu können. Mindmaps oder Argumentationsbäume können als Orientierungshilfe in der Diskussion helfen.
- Auch eine Vorstrukturierung der jeweiligen Rollenkarten unterstützt die Lernenden, sich in ihre Rolle zu finden und hilft zudem als Visualisierung, die eigene Position aufrechtzuerhalten. Es können weniger und stärker detaillierte Beschreibungen und Anforderungen an die Rolle enthalten sein, vorentlastende Argumentations- und Formulierungshilfen angeboten werden oder die Möglichkeit, eigene Statements im Vorhinein zu verschriftlichen.
Mehr Informationen zu grundlegenden Differenzierungsmöglichkeiten
Quellenverzeichnis
Massing, Peter (2020): Talkshow. In: Achour, Sabine; Frech, Siegfried; Massing, Peter; Straßner, Veit (Hrsg.): Methodentraining für den Politikunterricht. Frankfurt a.M.: Wochenschau Verlag, S. 212-219.