Hintergrundinformationen

Das Konzept des Ökologischen Fußabdrucks wird im Nachhaltigkeitsdiskurs häufig verwendet, um einen Eindruck davon zu vermitteln, wie viele planetare Ressourcen durch den eigenen Lebensstil verbraucht werden. Basierend auf dem Konzept von Wackernagel und Beyers (vgl. 2010) berechnen entsprechende Rechner den individuellen Flächenverbrauch pro Jahr und Person in der Einheit gha (globales Hektar). Ein gha entspricht dabei der weltweit durchschnittlichen Bioproduktivität eines realen Hektars, wobei für diese Fläche sowohl der Ressourcengewinn selbst als auch die Kompensation entstehender Schäden (z. B. CO2-Ausgleichsflächen) beachtet werden (vgl. Wackernagel et al. 2019).

Das Konzept sollte aber auch kritisch betrachtet werden, indem der Frage nachgegangen wird, welche impliziten Annahmen einem solchen komplexen Modell zugrunde liegen und welche dabei (un)bewusst nicht berücksichtigt werden. Zu kritisieren ist beispielsweise der Anschein, der durch das Konzept vermittelt wird, dass der Umgang des Menschen mit der Natur exakt in Zahlen erfassbar sei, was anthropozentrische Denkmuster begünstigt, die Natur als vermessbares und somit auch beherrschbares passives Objekt unseres Handelns anzusehen (vgl. Kirchhoff, Mölter & Hoiß 2021).

Darüber hinaus muss eine beobachtbare Verlagerung des Augenmerks von systemischer Verantwortungsübernahme hin zur individuellen kritisiert werden. Leicht entsteht der Eindruck, der Ökologische Fußabdruck verweise lediglich auf klimaschädliches Fehlverhalten des Individuums, etwa bei Appellen wie „It’s time to go on a low-carbon diet.” Dass solche Appelle ausgerechnet von fossilen Brennstoffunternehmen wie British Petroleum kommen, um von deren klimagefährdendem Wirtschaften abzulenken, steht häufig nicht im Zentrum der Debatten. Dabei zeigen wissenschaftliche Erkenntnisse deutlich auf, dass die direkten Auswirkungen von individuellem Handeln allein nicht ausreichen, um die Folgen der Klimakrise abzuwenden (vgl. Göpel 2020). So müsse beispielsweise der CO2-Ausstoß im Laufe der 2020er Jahre um 7,6 % pro Jahr sinken, um das von der Pariser Klimakonferenz festgelegte 1,5°-Ziel zu erreichen. Doch 2020 sank der Ausstoß trotz massiver pandemiebedingter Einsparungen nur um 6,4 %.

Dies illustriert, dass selbst die ambitioniertesten individuellen und kollektiven Anstrengungen ungenügend sind, solange sie nicht mit Veränderungen auf systemischer Ebene einhergehen. Dazu kommt, dass große Teile der Infrastruktur (Verkehrswege, Kommunikationskanäle, Gebäude, das öffentliche Leben, Verwaltung, Polizei- und Sicherheitsapparat etc.) erheblich zum Ökologischen Fußabdruck jeder Einzelperson beitragen, diese individuell aber zunächst nichts daran verändern kann.

Im schulischen Kontext gilt es daher, das systemische Transformationspotenzial des Ökologischen Fußabdrucks aufzuzeigen und zu nutzen. Indem bei der Thematisierung des Konzepts der Fokus auf die systemische Ebene gelenkt wird, können sich Schüler:innen darüber bewusst werden, in welchen Strukturen sie sich befinden, und in der Auseinandersetzung damit verstehen, warum Strukturen sowie Denk- und Handlungsmuster sind, wie sie sind. Davon ausgehend gilt es, mit den Schüler:innen partizipativ Ideen zu entwickeln, um das eigene Umfeld (also das System Schule) nachhaltiger zu gestalten. Lebensnah und handlungsorientiert können Schüler:innen transformative Ansätze erproben, die sie im späteren Leben auch auf andere Systeme übertragen können (etwa in Vereinen, Wohngemeinschaften oder am Arbeitsplatz). Damit soll auch Ohnmachtsgefühlen entgegengewirkt werden, die sich gerade dann einstellen können, wenn nicht nachhaltige Aspekte unveränderbar sind oder erscheinen.

In diesem Kontext bietet sich als theoretische Begleitung und komplementäre Ergänzung der sogenannte Ökologische Handabdruck an. Anders als der Fußabdruck, der ein statischer, zu verkleinernder Wert ist, stellt der Handabdruck einen dynamischen Wert dar, der für Engagement und Teilhabe steht und den es zu vergrößern gilt. Durch die Auseinandersetzung mit dem Handabdruck beschäftigen die Schüler:innen sich mit Strategien für strukturverändernde Handlungsmöglichkeiten und politisches Engagement im Kontext einer nachhaltigen Entwicklung.

 

Ablauf

Benötigtes Material

  • Gummimatten in Form von Fußstapfen mit Fragen zum ökologischen Fußabdruck sowie passende Laufzettel (können beim Eine Welt Laden Neumarkt gekauft oder ausgeliehen werden) https://eineweltladen.com/bildungsmaterialien/der-oekologische-fussabdruck/)
  • Fragebogen zur Ermittlung des Ökologischen Fußabdruckes der Schule zum Ausfüllen
  1. Alle Schüler:innen bekommen einen Laufzettel. Sie werden zu den Fußstapfen geführt, wo sie ausreichend Zeit haben, die verschiedenen Stationen einzeln oder zu mehreren abzugehen und sich darüber zu besprechen. Der Austausch zwischen den Schüler:innen während der individuellen Beantwortung der Fragen ist ausdrücklich erwünscht.
  2. Zurück im Klassenzimmer errechnen die Schüler:innen ihren Ökologischen Fußabdruck, ggf. auch den Durchschnitt der Klasse.
  3. In der Nachbesprechung machen sich die Schüler:innen darüber Gedanken, was der Ökologische Fußabdruck genau aussagt, ob sie von ihrer Punktzahl überrascht sind, ob sie mit der Gewichtung der verschiedenen Aspekte einverstanden sind, wo sie das größte Einsparpotenzial sehen etc. Es werden auch Implikationen der Auswertung angesprochen: Was können die Schüler:innen tun, um ihren Ökologischen Fußabdruck zu verringern? Wo sind die Grenzen ihres Handelns? Ziel der Diskussion ist die Erkenntnis, dass der Spielraum für den individuelle Fußabdruck durch die Systeme begrenzt ist, die das Individuum umgeben. Welche Aspekte haben explizit mit dem Bereich Schule zu tun?
  4. Die Schüler:innen erstellen Plakate, auf denen sie festhalten, was sie über den Ökologischen Fußabdruck gelernt haben. Jedes Plakat behandelt ein Thema aus den Teilbereichen Konsum, Energie, Mobilität, und Ernährung und führt verschiedene Stellschrauben auf, die den Ökologischen Teil-Fußabdruck beeinflussen.
  5. Im nächsten Abschnitt erstellen die Schüler:innen im Vergleich mit den Fußstapfen sowie unter Zuhilfenahme der Webseite zum Handabdruck Ideen für einen Kriterienbogen zur Bestimmung des Ökologischen Fußabdruckes der Schule.
  6. Die Schüler:innen versuchen, mithilfe der Fragebögen den Ökologischen Fußabdruck der Schule zu bestimmen. Dafür werden sie in Arbeitsgruppen zu verschiedenen Aspekten eingeteilt und erhalten vier Wochen Zeit. In diesem Zeitraum geben sie wöchentliche Rückmeldungen zu ihrem Fortschritt und werden bei Problemen von der Lehrperson unterstützt.
  7. Gemeinsam mit der Lehrperson formuliert die Klasse Verbesserungsimpulse und leitet diese an Entscheidungsträger:innen (z. B. Schulleitung, Pächter:in, Hausmeister:in, kommunale Verwaltung, Stadt- oder Gemeinderat etc.) weiter.
  8. Nachbesprechung und Diskussion: Der Prozess der Bestimmung des Ökologischen Fußabdrucks der Schule wird reflektiert. Ließen sich alle Aspekte gleich gut bestimmen? Wo lagen die Probleme? Ließen sich Alternativen zu nicht nachhaltigen System finden? Wo nicht und warum? Gibt es Ideen, in welchen Systemen man den Ökologischen Fußabdruck in ähnlicher Weise mit dem (Ökologischen) Handabdruck in Verbindung bringen könnte?
  9. Die ausliegenden Fußstapfen bleiben eine längere Zeit im Schulhaus liegen und bieten so immer wieder Anlass für Gespräche unter allen Mitgliedern der Schule.

BNE-Kompetenzen

In dieser Unterrichtseinheit werden folgende BNE-Kompetenzen von Lernenden besonders gefördert.

Globale Zusammenhänge erkennen und neue Perspektiven ausbauen: Die Schüler:innen reflektieren, wann welche Darstellungsform zielführend ist, und lernen die Darstellungsform als individuelle Problemlöse- oder Argumentationsstrategie zu verwenden.

Risiken, Gefahren und Unsicherheiten erkennen und abwägen: Die Schüler:innen lernen den Fußabdruckrechner als ein mathematisches Modell zur Lösung der realitätsbezogenen Fragestellung nach dem eigenen Einsparpotenzial kennen

Sich und andere motivieren können, aktiv zu werden: Die Schüler:innen wenden Verfahren der Selbstmotivation an, um den eigenen Umgang mit Ressourcen nachhaltiger zu gestalten.

Zielkonflikte bei der Reflexion über Handlungsstrategien berücksichtigen: Die Schüler:innen können in lebensweltlichen Handlungszusammenhängen Entscheidungsdilemmata bei Konsumentscheidungen identifizieren und beschreiben.

Die eigenen Leitbilder und die anderer reflektieren: Die Schüler:innen durchdenken Motive des Handelns und erkennen ihre eigene Rolle sowie ihren eigenen Handlungsspielraum in diesem Zusammenhang.

Vorstellungen von Gerechtigkeit als Handlungs-/Entscheidungsgrundlage nutzen: Die Schüler:innen lernen die Auswirkungen des Ökologischen Fußabdrucks und daraus resultierende Folgen sowie Kompensationsstrategien kennen.

Mehr Informationen zum Zusammenhang von BNE-Kompetenzen von Lernenden und Lehrenden

Quellenverzeichnis

BP p.I.c (2006): Carbon reduction. It’s time to go on a low-carbon diet. Abrufbar unter: https://web.archive.org/web/20060212090704/http:/www.bp.com/sectiongenericarticle.do?categoryId=9005334&contentId=7009881

Brot für die Welt und Germanwatch e.V. (2023): Dein Handabdruck. Abrufbar unter: https://www.handabdruck.eu/

Göpel, Maja (2020): Die Welt neue denken. Eine Einladung. Berlin: Ullstein.

Kirchhoff, Franziska; Mölter, Caroline & Hoiß, Christian (2022): Der ökologische Fußabdruck als Annäherung an eine kulturelle Praxis. In: Carmen Sippl & Erwin Rauscher (Hrsg.): Kulturelle Nachhaltigkeit lernen und lehren (Pädagogik für Niederösterreich, Band 11). Innsbruck, Wien: StudienVerlag, S. 361–374.

Tollefson, Jeff (2021): COVID curbed carbon emission in 2020 – but not by much. In: nature.com. Abrufbar unter: https://www.nature.com/articles/d41586-021-00090-3

Wackernagel, Mathis & Beyers, Bert (2010). Der Ecological Footprint. Die Welt neu vermessen. Hamburg: Europäische Verlagsanstalt.

Wackernagel, Mathis & Beyers, Bert (2019). Ecological Footprint. Managing our Biocapacity budget. Gabriola Island: New Society Publishers