Hintergrundinformationen

Der Fokus der Unterrichtseinheit liegt auf den verschiedenen Produktionsweisen von Lebensmitteln und deren unterschiedlichen ökologischen, ökonomischen und sozialen Auswirkungen. Als besonders umwelt- und klimaschonend gelten regionale und saisonale Lebensmittel. Eine einheitlich anerkannte Definition für diese beiden Begriffe gibt es allerdings nicht (vgl. Deutscher Bundestag 2006, S. 4), wenngleich sie einen engen Zusammenhang aufweisen und dementsprechend beschrieben werden können: Bei regionalen Lebensmitteln geht es aus der Logik der Sache hervor, dass es sich dabei auch um saisonale Produkte handeln muss. Umgekehrt lässt sich diese Folgerung jedoch nicht anwenden, denn zu einer bestimmten Zeit hat überall auf der Welt eine bestimmte Obst- oder Gemüsesorte Saison, d.h. sie ist eigentlich nicht an den Begriff der Region gebunden. Es kann sich dabei also auch um globale Produkte handeln. Zudem sind regionale und saisonale Lebensmittel von den sog. „Bio-Lebensmitteln“ abzugrenzen. Diese müssen nämlich mindestens mit einem Bio-Siegel nach der EG-Öko-Basisverordnung gekennzeichnet sein und unterliegen festgelegten Produktrichtlinien. Sie sind nicht zwangsläufig regional erzeugt, sondern können auch importiert werden. Es kommen hier also erneut in Abgrenzung zu regionalen und saisonalen auch globale Produkte mit in Betracht. Für die Verbraucher:innen kann es deshalb oft ziemlich verwirrend sein, welche Produkte guten Gewissens konsumiert werden können und welche sie vielleicht lieber nicht kaufen wollen (vgl. NDR 2022).

Der Kauf von regionalen und saisonalen Lebensmitteln hat gleichwohl zahlreiche Vorteile: Neben der Unterstützung lokaler Landwirte und damit auch der regionalen Wirtschaft sind sie durch die kürzeren Transportwege zugleich klimaschonender in der Herstellung und insgesamt frischer beim Kauf bzw. länger haltbar bei der Aufbewahrung. Zudem sind Obst und Gemüse aus der Region häufig auch preiswerter. Auf der anderen Seite ist die große Vielfalt, die mit der globalen Lebensmittelproduktion einhergeht, sehr attraktiv für viele Verbraucher:innen. Der Konsum von Lebensmitteln, die es bei uns aufgrund der klimatischen Bedingungen nicht gibt (z.B. Mango, Kiwi, Banane etc.), sollte mit dem Bewusstsein einhergehen, welche Nachteile solche Konsumentscheidungen bergen können (z.B. einen erhöhten CO2-Ausstoß aufgrund der längeren Transportwege). Allerdings ist auch der Kauf regionaler und dann aber nicht saisonal konsumierter Produkte, wie beispielsweise von Äpfeln aus der Bodenseeregion, kein Garant für eine klimaschonende Kaufhandlung. Im konkreten Fall wird z.B. für die Kühlung von Lagerobst enorm viel Energie verbraucht – unter Umständen entspricht dies dem Energieverbrauch für nicht-regionales, aber dafür frisch geliefertes Obst.

Ablauf

Benötigtes Material

Digital verfügbar:

Noch zu ergänzen:

  • Lebensmittelprospekte
  • Informative Mind-Map zum “Bio”-Siegel
  • Moderationskarten
  • Beamer, Whiteboard, Videos
  • Behältnisse für das Anpflanzen der Kresse (am besten von den Schüler:innen selbst mitbringen lassen)
  • Kressesamen, Küchenpapier/Watte, kleine Schalten/Töpfe, Sprühflasche mit Wasser
  1. Zu Beginn der Unterrichtseinheit findet eine Aktivierung des Vorwissens der Schüler:innen mittels aktueller Lebensmittelprospekte statt. Diese können entweder von der Lehrperson zur Verfügung gestellt oder von der Lerngruppe mitgebracht werden. Die Schüler:innen werden aufgefordert, sich für zehn Lebensmittel aus dem Bereich Obst und Gemüse zu entscheiden. Im Gespräch wird das Vorwissen über bestimmte Obst- und Gemüsesorten eingebracht, insbesondere in Bezug auf die Herkunft des jeweiligen Produkts. Um eine diskursive Atmosphäre zu verdeutlichen, findet das Gespräch am besten in einem Sitzkreis statt.
  2. Zu Beginn des Austauschs wird eine Abgrenzung der Begriffe Regionalität, Globalität und Saisonalität vorgenommen. Dazu sollen die Schüler:innen zunächst überlegen, was mit den Begriffen jeweils gemeint ist. Hilfreich kann zur genaueren Bestimmung etwa sein zu überlegen, wie umfangreich der Radius einer Region ist. Dies gibt bereits erste Anlässe für eine anregende Diskussion. Im weiteren Verlauf betrachten die Schüler:innen in mehreren Gruppen verschiedene Erklärvideos und tragen das dort präsentierte Wissen zum Begriff „Regionalität“ zusammen. Als Materialien stehen beispielsweise folgende bereit:
  3. Im Anschluss an diese Begriffsklärung soll in Ergänzung zur kognitiven Auseinandersetzung eine aktivierende Beschäftigung mit der Thematik ermöglicht werden. Hierzu lässt sich beispielsweise die App „Saisonkalender“ vom Bundeszentrum für Ernährung (BZfE) verwenden. Die App zeigt an, welche Obst- und Gemüsesorten in einem bestimmten Zeitraum Saison haben, wobei auch zwischen regionalen und globalen Lebensmitteln differenziert werden kann. Auch auf diese Weise lässt sich der Umgang mit Lebensmitteln reflektieren und eigene Einkaufspläne können erstellt werden.
  4. In einem nächsten Schritt werden weiterführende Überlegungen mit der Fragestellung angeregt, ob „bio globale“ Lebensmittel „besser“ sind als „nicht-bio regionale“ und an welchen Kriterien sich das festmachen lässt. Darum erhalten die Schüler:innen in Zusammenhang mit den Bio-Siegeln zum einen die Möglichkeit, bestehendes Vorwissen einfließen zu lassen, und zum anderen, dieses mithilfe der Informationen aus einem Erklärfilm zum „BIO-SIEGEL“ (s. Quellenverzeichnis) zu überprüfen. Die aus der Betrachtung des Videos im Plenum gewonnen neuen Ergebnisse werden zur Ergänzung in die bereits zur Begriffsdifferenzierung erstellte Mind-Map eingetragen.
    Aufgrund der Widersprüchlichkeiten in der Abwägung zwischen „regional“, „saisonal“ und „bio“ sollte nicht der Anspruch erhoben werden, dass es eine konsensfähige „Lösung“ gibt oder geben kann. Vielmehr soll ein Problemfeld beleuchtet werden, das den Alltag aller Schüler:innen und Lehrpersonen durchzieht und in dem man anhand ethischer Leitlinien nach und nach zu anderen Handlungsroutinen finden kann.
  5. Anschließend vertiefen die Schüler:innen das neu erkannte Wissen und überführen es in inhaltsbezogene Argumente, die für oder gegen den Konsum regionaler bzw. globaler Produkte sprechen. Die Schüler:innen schreiben dazu Eigenschaften bestimmter Lebensmittel (siehe Schritt 1) auf Moderationskarten. Diese werden später mit Magneten an der Tafel fixiert.
    Auf die Tafel wird eine Skala gezeichnet, auf der linken Seite befinden sich die Vorteile, auf der rechten Seite die Nachteile. In der Diskussion mit der Klasse kann nun darum gerungen werden, an welcher Stelle des Kontinuums zwischen Vor- und Nachteilen die Schüler:innen die Lebensmittel einordnen würden. Mithilfe der Magneten können die Karten je nach Diskussionsverlauf verschoben werden. So werden die Eigenschaften der Lebensmittel differenziert und diskursiv erarbeitet. Es ist hierbei sinnvoll, den Schüler:innen genügend Raum zur Reflexion zu ermöglichen und sie ihre eigenen Ideen und Argumente auf leere Moderationskarten schreiben zu lassen. Die Kartenpositionierung sollte als Ergebnissicherung auf ein Plakat überführt oder fotografiert werden. Im Diskussionsverlauf wird deutlich, wie komplex eine Entscheidung ist und dass einseitige Zuschreibungen nicht möglich sind.
  6. Die Überleitung zur nächsten Unterrichtsphase erfolgt mittels eines EDEKA-Werbespots über „Bauer Bruno“ (s. Quellenverzeichnis) zum Thema regionale und saisonale Produkte. Ziel der Auseinandersetzung ist es zu erkennen, dass der Begriff „saisonal“ im Clip gar nicht vorkommt und dass „Regionalität“ ohne jeden Nachweis eingebracht wird. Stattdessen geht es um Lebensmittel „aus erster Hand“ und es wird deutlich, dass den Begriffen „saisonal“ und „regional“ ein erheblicher Werbefaktor zukommt.
    Dies wird in der Filmbetrachtung des EDEKA-Clips in einer methodisch und medial differenzierten Gruppenarbeit erarbeitet: Gruppe 1 führt eine Textanalyse, Gruppe 2 eine Videoanalyse und Gruppe 3 eine Werbeprospektanalyse durch. Die erarbeiteten Ergebnisse werden in das Betrachten eines weiteren Videos eingebracht. Dabei handelt es sich um den Clip von REWE über eine Bauernfamilie, die die Supermarktkette mit Kopfsalat beliefert. Der Film wird gemeinsam im Plenum angesehen (s. Quellenverzeichnis). Ziel ist es, dass die Schüler:innen kritisch über Werbekampagnen reflektieren und sich dazu eine fundierte Meinung bilden.
  7. Zum Abschluss der Unterrichtseinheit können die Schüler:innen in kleinen Töpfen selbst Kresse ansäen, die sie dann mit nach Hause nehmen. Im Gespräch darüber sollen auch Strategien ausgetauscht werden, inwiefern im privaten Umfeld die Rolle von einem konsumierenden zu einem selbst produzierenden Lebensstil zumindest in Ansätzen gewandelt werden kann. Dies bietet Gelegenheit dazu, auch Initiativen solidarischer Landwirtschaften in der eigenen Region, wie beispielsweise das Kartoffelkombinat in München (https://www.kartoffelkombinat.de/), vorzustellen, einzuladen oder zu besuchen.

Hinweise

Die Behältnisse für das Anpflanzen der Kresse am besten von den Schüler:innen selbst mitbringen lassen; Kressesamen zu besorgen etc. übernimmt die Lehrperson.

BNE-Kompetenzen

In dieser Unterrichtseinheit werden folgende BNE-Kompetenzen von Lernenden besonders gefördert.

Globale Zusammenhänge erkennen und neue Perspektiven ausbauen: Die Schüler:innen machen sich anhand der Begriffe Regionalität, Globalität und Saisonalität die Herkunft von Obst- und Gemüsesorten bewusst.

Fächerübergreifend Erkenntnisse gewinnen: Die Schüler:innen erkennen den Einfluss des Konsums von regionalen, globalen und saisonalen Produkten auf die Lebensmittelproduktion sowie die unterschiedlichen ökologischen, ökonomischen und sozialen Auswirkungen.

Gemeinsam mit anderen planen und handeln: Die Schüler:innen finden gemeinsam Pro- und Contra-Argumente für regionale und globale Produkte.

Zielkonflikte bei der Reflexion über Handlungsstrategien berücksichtigen: Die Schüler:innen sind in der Lage, die zeitliche Folgenreichweite nicht nachhaltiger Entscheidungen abschätzen zu lernen und können im diskursiven Austausch begründete Entscheidungen treffen.

Die eigenen Leitbilder und die anderer reflektieren: Die Schüler:innen reflektieren ihr eigenes Konsumverhalten beim Einkauf von Lebensmitteln im Hinblick auf eine nachhaltige und gesundheitsbewusste Lebensweise.

Selbstständig planen und handeln: Die Schüler:innen entwerfen eigene Einkaufspläne unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit und entdecken bspw. den Anbau von Kräutern als Alternative zum vorherrschenden Konsumdenken.

Mehr Informationen zum Zusammenhang von BNE-Kompetenzen von Lernenden und Lehrenden

Quellenverzeichnis

BZfE – Bundeszentrum für Ernährung (2020): App: Saisonkalender. Ein mobiler Einkaufshelfer. Abrufbar unter: https://www.bzfe.de/nachhaltiger-konsum/orientierung-beim-einkauf/der-saisonkalender/app-der-saisonkalender/ (Stand: 18.09.2023).

de Haan, Gerhard; Kamp, Georg, Lerch, Achim et. al. (2008): Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit. Grundlagen und schulische Konsequenzen. Heidelberg.

Deutscher Bundestag (2016): Dokumentation. Zum Begriff der Regionalität bei der Lebensmittelerzeugung. Abrufbar unter: https://www.bundestag.de/blob/421390/fbe9c975
8380c056946fbc59edb3d77b/wd-5-022-16-pdf-data.pdf
(Stand: 18.09.2023).

EDEKA (2017): Werbung „Bauer Bruno“. EDEKA TV-Spot „Schafe“. Abrufbar unter: https://www.youtube.com/watch?v=20beGrmtHLg (Stand: 18.09.2023).

Erklärfilm: BIO-SIEGEL | Landwirtschaft konkret. Abrufbar unter: (https://vimeo.com/253231375) (Stand: 18.09.2023).

Kartoffelkombinat München. Abrufbar unter: https://www.kartoffelkombinat.de/ (18.09.2023).

Norddeutscher Rundfunk (2022): Regionale und saisonale Lebensmittel – gut für Mensch und Klima. Abrufbar unter: https://www.ndr.de/ratgeber/verbraucher/Regionale-und-saisonale-Lebensmittel-gut-fuer-Mensch-und-Klima-,regional234.html (Stand: 13.10.2023)