Einsatzmöglichkeiten
Die Methode der Land Art eignet sich ganz allgemein, um das Bewusstsein für die eigene Umgebung zu schärfen und einen anderen Blickwinkel auf Objekte zu schulen. Die ästhetische Wahrnehmung wird durch die direkte künstlerische Naturerfahrung gefördert, Teilnehmende setzen sich aktiv mit ihrer Umgebung auseinander und gestalten sie mit: der konventionelle Kunstbegriff wird aufgebrochen, in die Lebensrealität übersetzt und begreifbar gemacht. Ein niedrigschwelliger Anreiz für einen kreativen Umgang mit Naturmaterialien hinterfragt die gängige Materialität der Kunstproduktion und bestärkt die Rückkehr zur Arbeit mit natürlichen Werkstoffen – zudem soll eine Perspektive auf das Künstlerische in der Natur geworfen werden.
Es wird nicht in ein bestehendes Ökosystem eingegriffen, nichts hinzugefügt oder verändert und lediglich die unmittelbar verfügbaren Naturmaterialien werden zum Werkstoff, aus dem Land Art entsteht. Eine neue Anordnung oder Veränderung der vorgefundenen Materialien, eine Veränderung des Kontexts oder der Betrachter:innenperspektive soll Ausgangspunkt für eine Reflexion darstellen.
Die Lehrperson gibt Anstöße zur Reflexion und moderiert die aufkommenden Bezüge zu Kunstproduktion, Ressourcenabbau und dem eigenen Umgang mit der Umwelt.
Auch die Vergänglichkeit von Kunst wird adressiert, da natürliche Materialien und das tatsächliche Verbleiben in der Natur der Auflösung durch die Umgebung, andere Lebewesen und die Vorgänge innerhalb des Ökosystems ausgesetzt – die Land Art kann weder mitgenommen noch exakt repliziert werden, so wird der direkte Bezug und ein Ortsbezug zur umgebenden Landschaft deutlich, die Teilnehmenden erkennen das geschaffene Kunstwerk als Teil der Umwelt an und die gängige Monetarisierung von Kunst wird hinterfragt. Auch generelle Kapitalisierung der Natur und Zugangs- und Besitzansprüche an diese können exemplarisch thematisiert werden, die Vergänglichkeit des Natürlichen wird betont.
Die Methode zielt nicht nur darauf ab, die Achtsamkeit für den unmittelbaren Naturraum zu schärfen und mit der Umgebung kreativ in Auseinandersetzung zu treten, sondern soll eine Verbindungsmöglichkeit für diese Ziele der Umwelt- und Erlebnispädagogik mit einem thematischen Fachbezug, generellem kunsthistorischen und -pädagogischem Wissen bieten und gleichsam soziales Lernen im direkten Erlebnisraum ermöglichen, die Kommunikation der Teilnehmenden anregen und vor allem Ausgangspunkt für eine Reflexion auf vielen Ebenen bieten.
Ablauf
Benötigtes Material
Für die Land Art gibt es eigentlich nur eine Einschränkung dessen, was als Material erlaubt ist: Es muss in der Naturumgebung vorkommen.
Es ist besonders auf einen achtsamen Umgang mit der direkten Umwelt zu achten, dafür sollten im Vorhinein gemeinsam naturpädagogische Regeln besprochen werden, die ein maßvolles Sammeln nahelegen; die Teilnehmenden dürfen für ihre Kunstwerke alles verwenden, was sie in ihrer unmittelbaren Umwelt finden können. Es sollte betont werden, dass alle beim Suchen vorsichtig vorgehen, keine Abfälle oder z.B. scharfkantige Scherben aufsammeln und nur so viele Blätter oder Blüten pflücken, wie sie benötigen.
Klassische Materialien, die für eine Land Art verwendet werden könnten und in vielen Umgebungen vorkommen, wären beispielsweise unterschiedlich geformte und gemusterte Steine, Gräser, Blüten und Blätter, Hölzer oder Zweige, Schneckenhäuser oder Zapfen.
Vorbereitung
Natur-Memory
Das Natur-Memory, eine Übung in der Art eines Memory-Spiels, kann als Einstieg durchgeführt werden, bevor die Teilnehmenden selbst kreativ werden. Die Übung in der Art eines Memory-Spiels sensibilisiert bereits für den achtsamen, maßvollen Umgang in der späteren Sammelphase – auch hier sollten möglichst hauptsächlich Objekte gewählt werden, die aufgesammelt und nicht erst gepflückt werden müssen – und schult einen gezielten Blick für alles, was in der unmittelbaren Umgebung zu finden ist.
Auf einem Untergrund wie einem Geschirrhandtuch oder einem Din-A-3-Papier werden die im Vorhinein von der Lehrperson in der direkten Umgebung gesammelten Gegenstände (z. B. Blätter, Zapfen, besondere Steine, Baumrinde, Gräser etc.) ausgelegt.Mit den Teilnehmenden bestimmt die Lehrperson ggf. die Objekte, beschriftet sie eventuell als Hilfestellung und ordnet sie, z.B. bei Einbeziehung des Biologie-Wissens, ein. Die Schüler:innen prägen sich in kleinen Gruppen das entstandene Naturpuzzle ein, dieses wird anschließend (durch ein weiteres Geschirrhandtuch / Blatt) verdeckt und die Schüler:innen sollen alle Gegenstände, die sie sich einprägen konnten, in der Umgebung auffinden und in Kleingruppen das Memory nachbauen. Dafür müssen sich die Teilnehmenden ggf. zuvor in der Gruppe absprechen, wer welche Gegenstände sucht, und ihre Umgebung achtsam wahrnehmen.
Dieser Schritt ermöglicht einen spielerischen Einstieg in einen Ansatz des achtsamen Umgangs mit der Natur: das menschengemachten Eingreifen in die Natur wird auch hier adressiert, so auch Verschwendung, (mutwillige) Zerstörung und ein verantwortungsvoller Umgang mit Naturmaterialien.
Land Art
Die Teilnehmenden suchen sich in Kleingruppen zunächst den passenden Untergrund, den sie als passenden Entstehungsort für ihr Land Art wählen. Nun werden alle möglichen Materialien gesammelt, die für das Kunstwerk gebraucht werden könnten, dafür ziehen die Schüler:innen einzeln los und bringen ihre Fundstücke zum ausgewählten Fleck zurück.
Die Gruppen beginnen mit ihrer Land Art, legen, entweder nach Absprache in der Gruppe oder in gemeinsamer Stillarbeit, Objekte zu Formen oder ganzen Mandalas, schmücken von der Natur vorgegebene Formen aus oder stapeln Materialien aufeinander und setzen sie so zueinander in Beziehung. Kreativität, ästhetisches Empfinden und die Wahrnehmung von Naturmaterialien stehen hier im Vordergrund, für die natureigene Ästhetik der Natur und Umgebung wird ein Bewusstsein geschaffen und durch eigenes Schaffen mit Natürlichem erweitert.
Nach Ablauf der kreativen Gestaltung sollten die Kunstwerke der anderen ebenfalls gesichtet werden, zum Beispiel kann ein Museumsrundgang erfolgen, bei dem die Kunstwerke erst innerhalb der Gruppe besprochen, und dann im Austausch mit den jeweiligen Kurator:innen die Ergebnisse der anderen Gruppen betrachtet werden.
Scaffolding: Ein von der Lehrperson schon vorbereitetes Land Art (draußen in der Natur oder im Klassenzimmer) kann zunächst gemeinsam entdeckt und besprochen werden – anhand dessen werden dann Regeln für den Umgang mit der Natur aufgestellt und durch die Betrachtung der Vorlage Anregungen zum Umgang mit einzelnen Materialien gegeben: Objekte können schlicht umgedreht, mit anderen Objekten verbunden, verändert oder in ein Muster eingefügt werden …
Hinweise
Es ist denkbar, die Methode fächerübergreifend einzusetzen oder in den Fachunterricht mit einzubinden, wenn zum Beispiel im Biologie oder Heimat- und Sachunterricht heimische Ökosysteme wie Wald oder Wiese behandelt werden und ein gezielter Suchauftrag nach bestimmten Blättern oder Samen erteilt wird oder Zuordnungen gemacht werden sollen.
Auch der umweltbildungspädagogischer Fokus kann stärker hervortreten, wenn bereits vor der Sammelphase die menschengemachte Veränderung und Verschmutzung des Naturraumes thematisiert wird und die Teilnehmenden, mit Müllbeuteln und Plastikhandschuhen ausgestattet, zunächst eine Achtsamkeitsübung zur Umweltverschmutzung im entsprechenden Erlebnisraum absolvieren. In Gruppen sollen – entweder auf dem Weg zum entsprechenden Ort, an dem später Land Art entstehen soll, oder dort in einem abgesteckten Gebiet – alle Objekte, die nicht in die Natur gehören, also nicht natürlichen Ursprungs sind, aufgesammelt werden und später korrekt entsorgt. So lässt sich zum einen bereits die Aufmerksamkeit der Teilnehmenden schärfen, Eingriffe in die Natur werden gezielter wahrgenommen – zum anderen wird der Naturraum ein wenig sauberer und die Schüler:innen werden zum aktiven, umweltschonenden Handeln befähigt.
Für eine Indoor-Variante kann die Such- und Sammelphase auch dadurch abgekürzt werden, dass die Lehrperson selbst gesammelte Materialien, zum Beispiel aus dem eigenen Garten oder ihrem Schulweg, mitbringt und der Gruppe zur Verfügung stellt. Um dem Anspruch zu entsprechen, der Umwelt nichts zu entnehmen und die Dimension der Vergänglichkeit der Kunst zu beachten, sollten hier beispielsweise eher herabgefallene statt abgezupfte Blätter verwendet werden, und alle Materialien wieder ihrer Umwelt zurückgeführt werden.
Quellenverzeichnis
Lanz, Oliver (2018): Die Anfänge der Landart. Abrufbar unter: http://www.oliverlanz.com/wordpress/wp-content/uploads/2018/10/Die-Anfaenge-der-Land-Art.pdf (Stand: 03.06.2024).