Einsatzmöglichkeiten

Die Methode des Design-Thinkings ist ein kreativer Ansatz, Schüler:innen in ihren Problemlösungskompetenzen zu befähigen. Anlass dazu können fachspezifische Herausforderungen sein wie die Suche nach der Gewinnung von neuen Energiequellen, die Frage nach veränderter Mobilität oder auch die konkrete Lösung für Möglichkeiten der Müllvermeidung bzw. des Wertstoffrecyclings uvm. Im Prozess des Design-Thinking werden Erfahrungen gesammelt, die Selbstwirksamkeit und Handlungsfähigkeit stärken. Außerdem eignet sich die Methode, um kollaboratives Arbeiten zu schulen, kreative Denk- und Diskursräume zu eröffnen und vielfältige Perspektiven wahrzunehmen.

Ablauf

Benötigtes Material

  • Genügend Raum für die Kleingruppenarbeit
  • Flipcharts für Notizen und Zeichnungen
  • Je nach konkreter Ausgestaltung ist die Zusammenstellung von Informationen, die zur Klärung des jeweiligen Problems beitragen, erforderlich.

Vorbereitung

Bereitstellen und Ausgestalten eines Raumes, der für Kleingruppenarbeit geeignet ist. Informationssammlung oder Zusammenstellung von aktuellem Informationsmaterial. Dargestellt werden können hier beispielsweise die erkennbaren Bedürfnisse von Betroffenen, wenn es um die Frage geht, ob es vertretbar und nachhaltig ist, Avocados zu kaufen bzw. zu essen.

Als konkreter Impuls zur Thematisierung im Unterricht könnten hierzu ein Bericht, eine Erzählung oder auch eine Stoffgeschichte verfasst oder z.B. ein Interview mit einer/m Verkäufer:in und einer/m Kund:in durchgeführt werden, damit deren spezifische Perspektive deutlich wird.

Design-Thinking ist eine Arbeitsweise, die versucht, komplexe Problemsituationen aufzugreifen und sich durch kreative, kommunikative und kollaborative Herangehensweise an mögliche Lösungsansätze anzunähern. Ziel ist es, völlig frei von beschränkenden Faktoren des Machbaren denken und sprechen zu können und so auch Lösungsansätze zuzulassen, die zunächst wenig realistisch erscheinen. Im Bereich der Wirtschaft wird dabei von einer Kund:innenzentrierung gesprochen; der individuelle Bedarf für die Lösung einer konkreten Problemstellung wird durchdacht.

Im BNE-Kontext geht es um die Beziehung von Mensch und Umwelt sowie die sich daraus ableitenden Bedürfnisse – häufig benannt als primärer „Need“. Aus der umfassenden Analyse sollen in einem iterativen Prozess neue innovative oder kreative Ideen und Ansätze entwickelt werden.

Diese Methode eignet sich also besonders dafür, komplexen und vielschichtigen Problemen zu begegnen und nicht im Gefühl einer Handlungsohnmacht zurückzubleiben. Im BNE-Kontext kann es beispielsweise das Bedürfnis der Person X sein, die öffentlichen Verkehrsmittel in der eigenen Stadt oder Kommune attraktiver zu machen, um CO₂-Emissionen zu senken; es könnte sich aber auch globaleren Problemen wie der Verschmutzung der Weltmeere mit Plastikmüll angenommen werden. Bei der Lösungsgenerierung sind zunächst sämtliche Möglichkeiten denkbar. Dabei sind ein induktives oder ein deduktives Herangehen vorstellbar, d.h. die Ausgangslagen oder Problemfelder können von den Schüler:innen ausgemacht werden oder aber die Lehrperson bietet vorab spezielle Problembereiche wie beispielsweise „Mobilität und Verkehr“, „Wohnen und Wärme“, „Ernährung und Landwirtschaft“ sowie „Energieerzeugung und Energieverbrauch“ an.

Drei Phasen:

Grundsätzlich wird die Methode des Design-Thinkings durch drei größere Phasen gekennzeichnet (vgl. zum Folgenden Gerling&Gerling 2018, 34; 46ff., 72). Es geht zunächst um die Annäherung an das zentrale Problem bzw. Bedürfnis („Need finding“), das es zu lösen gilt. Darauf folgt eine Phase des Brainstormings, in dem versucht wird, Informationen heranzutragen, zu ordnen und auch erste Muster zu erkennen. Bei der abschließenden Phase des sogenannten „Prototypings“ handelt es sich um eine Ideenphase, in der erste Lösungsversuche oder Konzepte angestellt werden. Diese drei Phasen sind wiederum in kleinere Prozesse eingeteilt.

Phase 1: Annäherung an ein zentrales Problem

Schritt 1: SCOPE – Verstehen des Problems
Gemeinsam wird zusammengetragen, was bisher vom Wissensstand der Schüler:innen bzgl. des Themas bekannt ist. Außerdem sollte das zu beantwortende Bedürfnis oder Problem erstmalig herausgestellt werden (Bsp.: Plastikmüll in Weltmeeren, Klimaflucht in Folge von Dürren, Grundwasserverschmutzung durch Düngemittel, …). Es geht in dieser Phase noch nicht darum, Lösungen zu finden.

Für diesen Schritt eignen sich folgende Methoden, die allerdings auch in späteren Phasen immer wieder eingesetzt werden können.

Mindmapping: Eine Mindmap mit dem bisherigen Wissensstand wird erstellt.

Faltblatt-Methode: Die Gruppenteilnehmer:innen schreiben nacheinander und unabhängig voneinander auf einen Teil eines Blattes den eigenen Kenntnisstand zum jeweiligen Thema. Dabei faltet der erste Schüler/die erste Schülerin zweimal das Blatt, so dass seine/ihre Kommentare für die anderen unsichtbar sind, und gibt das Blatt weiter. Nachdem alle Schüler:innen einen Kommentar formuliert haben, wird das Blatt entfaltet und die Schüler:innen lesen die Notizen der anderen und tauschen sich darüber aus. Ziel ist es, dass die Gruppe sich im Gespräch der Problemstellung nähert. Auf dem Faltblatt bleiben die Spuren der Diskussion sichtbar, die zum Ausgangspunkt für weitere Überlegungen werden können.

Schritt 2: 360 ° Informationssuche
Nach der Annäherung an das Thema erfolgt eine vertiefte Recherchephase. Diese kann je nach Anforderungsniveau durch Materialien der Lehrperson strukturiert werden bzw. je nach Kenntnisstand entfallen, wenn dir Recherche etwa bereits an anderer Stelle im Unterricht stattgefunden hat. Ziel ist es, Informationen aus möglichst vielen Perspektiven zusammenzutragen, um eine gute Übersicht über das Thema / Problem zu erhalten. Beispielsweise könnten für die Plastikmüllproblematik Zeitungsartikel oder Interviews herangezogen werden, die einen Einblick in die persönliche Lage unmittelbar Betroffener ermöglichen. Auch wissenschaftliche Fachartikel sind denkbar.

Phase 2: Brainstorming

Schritt 3: Gruppierung 
Die zusammengesuchten Informationen werden angeordnet und gruppiert, um im Recherchematerial (auch bislang vielleicht noch unentdeckte) Muster zu erkennen, anhand derer sich womöglich erste Anhaltspunkte für Lösungsansätze erkennen lassen oder strukturelle Bedingungen, auf die der Lösungsprozess eingehen sollte.

Schritt 4: Erste kreative Lösungsideen
In diesem Schritt werden alle möglichen kreativen Lösungsideen gesammelt und es kann mit der Entwicklung eines ersten prototypischen Ansatzes begonnen werden. Hier sind alle Beobachtungen und gewonnenen Erkenntnisse aus den vorhergehenden Phasen mit einzubeziehen. Unterstützt durch Methoden des Brainstormings dürfen alle spontanen, kreativen oder vielleicht sogar verrückt erscheinenden Ideen in die Gruppe gegeben und diskutiert werden.

Folgende Methoden können diese kreative Brainstormingphase unterstützen:

3-Minuten-Methode: Die Gruppe stoppt die Zeit und schreibt alle spontanen Ideen zur Lösung des Problems in eine Mindmap. Dieses Vorgehen eignet sich vor allem in einem frühen Stadium der Ideengenerierung. Beispielideen für das Problem Plastikmüll: Müllsammelroboter, Plastikstaubsauger, der über Weltmeere fährt, Aufklärungskampagne, Upcycling-Ideen, …

Kopfstandmethode: Sollte die Gruppe nicht weiterkommen, eignet sich die Kopfstandmethode. Die Problemstellung wird in das Gegenteil gedreht und dazu werden Antworten gesucht. Diese negativen Aussagen können in einem nächsten Schritt ins Positive gewendet werden, also wieder auf den Kopf gestellt werden.

Personamethode: Die Gruppe fühlt sich in eine imaginierte Person hinein, die von dem Problem betroffen ist. Es wird eine Analyse durchgeführt, die auf der Basis von Annahmen und dem zuvor recherchierten Wissen erstellt wird. Diese Methode kann dabei helfen, das zu lösenden Problem besser aus der Perspektive einer Person zu verstehen und aus diesem Blickwinkel Lösungsansätze zu gewinnen.

6-Hüte-Methode: Hat sich bereits ein Lösungsansatz herauskristallisiert, lässt sich dieser durch die 6-Hüte-Methode noch einmal überprüfen. Bei der 6-Hüte-Methode erhält jede/r Teilnehmer:in einen sog. imaginierten Hut. Jeder Hut vertritt dabei eine bestimmte Denkweise. Der analytische Hut liefert Tatsachen, der emotionale Hut benennt Meinungen oder Gefühle. Der kritische Hut äußert die skeptischen Bedenken gegenüber der Idee und die damit verbundenen Ängste oder Risiken. Der optimistische Hut hingegen betont die Vorteile – das Best-case-Szenario – und der kreative Hut liefert innovative Ansätze, die auch manchmal verrückt sein können. Außerdem behält der moderierende Hut einen Gesamtüberblick.

Phase 3: Ideenphase / erste Lösungsversuche

Schritt 5: Spezifizierung
Die Gruppenmitglieder einigen sich auf eine Idee oder einen Ansatz, der sich aus den vorherigen Schritten herauskristallisiert hat – beispielsweise also darauf, einen Müllfischroboter zu bauen.

Schritt 6: Ausarbeitung eines Konzeptes
In einem weiteren Schritt wird ein Konzept erarbeitet, wie so ein möglicher Müllfischroboter aussehen könnte. Das Konzept kann hier in seiner Gesamtheit betrachtet werden. Es sind auch Fragen der Finanzierung oder des Marketings einzubeziehen, Möglichkeiten der politischen Unterstützung zu diskutieren oder die aus ökologischer Sicht zu bedenkenden Risiken (könnte ein Müllfischroboter beispielsweise andere Lebensräume stören?) und auch die SDGs (sustainable development goals) sind einzubeziehen.

Schritt 7: Vorstellung der Ergebnisse
Die Schüler:innen stellen ihren gemeinsam weiterentwickelten Ansatz vor. In dieser Phase erfolgt ein gegenseitiges Feedback, das die Schleifen der einzelnen Phasen noch einmal durchlaufen kann.

Hinweise

Eine Einführung in die Methode ist auch mittels Erklärvideos zum Design Thinking oder zu kreativer Produktentwicklung möglich. (zuletzt am 17.9.2023)

BNE-Kompetenzen

Quellenverzeichnis

„Design-Thinking”, Hasso-Plattner-Institut, online unter: https://hpi-academy.de/design-thinking/was-ist-design-thinking.html (Stand: 01.10.23).

Erklärvideo „Design Thinking“: https://www.youtube.com/watch?v=O6Dl8ri9Lik oder https://youtu.be/1_KKuw_lPlc (Stand: 01.10.23).

Gerling, Ansgar; Gerling, Godehard (2018): Der Design-Thinking-Werkzeugkasten. Eine Methodensammlung für kreative Machern. Heidelberg: dpunkt.verlag.